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Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz - Was tun?

in Zusammenarbeit mit Viktoria Dieser, Jurastudentin

 

Nicht nur Frauen sind von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen. Solche Belästigungen gehen vor allem von Kolleg*innen oder auch von Vorgesetzten aus.


Betroffene reagieren unterschiedlich auf sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz. Nach dem ersten Schrecken kann ein Hilflosigkeitsgefühl oder das Gefühl des Ausgeliefertseins einsetzen. Oft geht dies mit Selbstzweifeln und Selbstvorwürfen einher. Man macht sich selbst für die Situation verantwortlich, sodass letztendlich ein Schamgefühl bezüglich der Tat auftritt.


Unabhängig davon, wer betroffen ist und wie man sich nach der Tat fühlt, eins ist ganz klar: Eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sollte niemand stillschweigend über sich ergehen lassen!

 

Was ist eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?


Laut dem Gesetzgeber liegt eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vor, wenn:

„ […] ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“

§ 3 IV AGG


Bei einer sexuellen Belästigung handelt es sich also um unerwünschte Verhaltensweisen, die geschlechtsbezogen und sexualisiert sind. Entscheidend ist dabei die Unerwünschtheit.


Für die Feststellung, ob ein harmloser Flirt oder eine sexuelle Belästigung vorliegt, ist also auf das beiderseitige Einverständnis abzustellen. Bei unangemessenen körperlichen Berührungen oder sexuellen Anspielungen, die oftmals mit einer Würdeverletzung einhergehen, ist dieses Einverständnis schlichtweg nicht vorhanden.


Von der Regelung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz abweichend zu bewerten ist hingegen die sexuelle Belästigung nach dem StGB: Eine sexuelle Belästigung nach dem § 184i StGB liegt lediglich dann vor, wenn eine Person „in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt“ worden ist.

Das StGB zieht somit eine klare Grenze, indem es einzig und allein auf körperliche Handlungen abstellt. Ein verbal belästigendes Verhalten kann unter Umständen aber über den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB strafrechtlich sanktioniert werden.

 

Welche Rechte haben Betroffene in Fällen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz?


Im AGG sind für Betroffene drei explizite Rechte vorgesehen:


Beschwerderecht nach § 13 AGG

Alle Beschäftigten haben das Recht, bei den zuständigen Stellen des Unternehmens Beschwerde einzulegen. Denjenigen, die eine Beschwerde eingereicht haben, dürfen daraus keine Nachteile entstehen (§ 16 AGG). Betroffene haben darüber hinaus den Anspruch auf Schutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber (§ 12 AGG). Das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn (3 Ca 1501 e/22) vom 26.04.2023 hat in diesem Sinne klargestellt, dass eine sexuelle Belästigung einen wichtigen Kündigungsgrund iSv § 626 I BGB darstellen kann. Das heißt, der Arbeitgeber kann, nachdem er Kenntnis von einer sexuellen Belästigung erlangt, den Täter fristlos kündigen. Die sexuelle Belästigung stellt sich insbesondere dann als wichtiger Kündigungsgrund dar, wenn mit der Belästigung eine schwere Beleidigung einhergeht und die Äußerung geeignet ist, das „Ansehehen der Betroffenen unter den Kollegen und im Unternehmen unwiederbringlich zu schädigen“.


Leistungsverweigerungsrecht nach § 14 AGG

Wenn der Arbeitgeber keine wirksame Schutzmaßnahme erlässt, können Betroffene als „letztes Mittel“ ihrer Arbeit fernbleiben, ohne dabei ihr Arbeitsentgelt zu verlieren. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Arbeitgeber keine oder nur ungeeignete Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung vorschlägt.


Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 AGG

Es können Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld gegenüber dem Arbeitsgeber entstehen. Für die Geltendmachung dieser Ansprüche ist allerdings eine Frist von zwei Monatenzu beachten.

 

Hilfe und Beratung?

Betroffene von sexueller Belästigung können die Hilfe und Unterstützung von Stellen innerhalb des Betriebs bzw. Unternehmens in Anspruch nehmen. Sie können sich aber auch von außerhalb, zB. durch Frauenberatungsstellen oder Anwält*innen beraten lassen.


Es ist ratsam sich bereits frühzeitig juristischen Rat einzuholen. Denn es sollte von Anfang an Klarheit über das nächste Vorgehen bestehen.


Als Arbeitsrechtsexpertin steht Ihnen Frau Rechtsanwältin Vorwerg gern als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

 

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